Schloss-Arkaden

Ansicht von Süden (Ackerhof)

Ansicht von Süden (Ackerhof)

  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Einkaufszentrum mit Parkgarage
    • errichtet 2005-07
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • Solitärbebauung auf dem Gelände des ehem. Schlossparks
    • Nachbargebäude: am Bohlweg Wiederaufbau des Residenzschlosses mit Rekonstruktion der West-, Nord- und Südfassade, im städtebaulichen Umfeld überwiegend moderne Bebauung
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • viergeschossiger Baukomplex mit Flachdächern und Staffelgeschoss, Dachbereich als Parkfläche genutzt
  4. Baukörpergestaltung:

    • mehrteiliger und mehreckiger, an den Baufluchten der umliegenden Straßen orientierter Baukörper
    • Einfassung eines Platzraums vor der Schloss-Nordfassade
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • Bauvolumen sprengt die Maßstäbe der Bebauung in der Innenstadt
    • Anschluss des südöstlichen Eingangsbereichs an die Schloss-Rekonstruktion sehr problematisch, Entstehung eines sackartigen Restraums
  6. Fassadengestaltung:

    • wechselnde Teilung der Gebäudeteile in drei unterschiedliche Fassadentypen
    • Haupteingänge mit zweigeschossigen, hohen Kolonnaden vertikal gegliedert
    • Platzfronten Ritterbrunnen und Anna-Amalia-Platz mit vorgelagerten Kolonnaden aus schlanken Betonstützen und halbhoher, schwebend erscheinender Verglasung
    • Fronten Am Schlosspark und Georg-EckertStraße massiv und weitgehend geschlossen
  7. Detaillierung:

    • Eingangs-Kolonnaden mit Paneelen verkleidet, die hochrechteckigen Öffnungen verglast
    • Verglasungen der Betonkolonnaden z.T. leicht diagonal gestellt und mit Lamellen
    • geschlossene Fassaden mit bandartigen Fenstern und vergitterte Lüftungsöffnungen Werbeträger
  8. Materialien und Farbgebung:

    • Paneel-Verkleidung der Eingangsfassaden in grüner Farbgebung
    • Erdgeschoss-Eingangskolonnade mit Laibungen aus messingfarbenen Metallrahmen
    • an den übrigen Fassaden Sichtbeton, Putz und Verglasungen in Materialfarben
    • farbige und leuchtende Werbeträger
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • Gestaltung und Farbgebung der Eingangsfassaden grenzen direkt an Schlossfassaden und bilden einen überaus starken Kontrast
  10. Abschließende Bewertung: – –

    • Projekt Schloss-Arkaden mit Schloss-Rekonstruktion trotz problematischer Aspekte insgesamt positiver Beitrag zur Entwicklung des Stadtzentrums
    • Gestaltung der Schloss-Arkaden kontrastiert mit Qualität der Schlossfassaden
Ansicht von Süden (Ackerhof)

Ansicht von Süden (Ackerhof)

In den Jahren 2005 bis 2007 entstanden auf dem Areal des ehemaligen Schlossparks die SchlossArkaden, ein großes innerstädtisches Einkaufszentrum. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Einkaufszentrums wurde auch das ehemalige Residenzschloss mit seinen drei stadträumlich prägenden Fassaden wieder aufgebaut. An der Rückseite ist die Schloss-Rekonstruktion direkt mit den Schloss-Arkaden verbunden, so dass die ostseitigen Fassaden nicht wiederhergestellt werden konnten.

Das spätklassizistische, von Carl Theodor Ottmer entworfene Schloss war nach Kriegsschäden trotz heftiger Proteste auch aus der Fachwelt 1960 abgebrochen worden. Große Kontroversen begleiteten auch die Planung und Realisierung der SchlossRekonstruktion mit dem Einkaufszentrum. Der Baukörper des Schlosses beherbergt ein Museum und Kultureinrichtungen der Stadt (Bibliothek, Archiv, Kulturinstitut), der Zugang durch den Portikus führt jedoch unmittelbar in das Einkaufszentrum.

Das Bauvolumen der Schloss-Arkaden übertrifft diejenigen des Schlosses bei weitem. Der viergeschossige Center-Bau nimmt die Traufhöhe des Schlosses auf und ist an einer zweipolig angelegten Passage organisiert. Im Norden umgreift der Gebäudekomplex einen vor der Schloss-Nordfassade angelegten Platz, an der Südseite ist die Bebauung an der Flucht der Georg-Eckert-Straße ausgerichtet. Im Osten der Schloss-Arkaden befindet sich ein weiterer, im Grundriss dreieckiger Platz (Anna-Amalia-Platz). Das oberste Stockwerk und die Dachflächen dienen als Parkgarage.

Die Fassaden des Einkaufszentrums sind in insgesamt sieben großmaßstäbliche Einheiten unterteilt. Im Bereich der drei Haupteingänge (Platz am Ritterbrunnen, Anna-Amalia-Platz und Georg-EckertStraße) sind die Fronten in zwei hohe, jeweils zwei Geschosse zusammenfassende Stockwerke unterteilt. Als Fassadengliederung dienen übergreifende Pfeiler, die mit schmalen Stegen verbunden sind. Im Erdgeschoss entsteht der Eindruck einer Kolonnade. Die hochrechteckigen Felder zwischen den Pfeilern sind vollflächig verglast bzw. mit Paneelen geschlossen, gewähren jedoch keinen Einblick in das Innere. An den zweigeschossigen Kolonnaden ist eine Verkleidung aus grünlichen Paneelen angebracht. Die Laibungen der tieferen Erdgeschossgliederung zeigen messingfarbene Metallrahmungen.

Weitere, große Fassadenabschnitte am Ritterbrunnen und am Anna-Amalia-Platz sind durch eine vorgelagerte Kolonnade mit schlanken Betonstützen und halbhoher, schwebend erscheinender Verglasung gekennzeichnet. An den Verglasungen zeigen sich leichte Schrägstellungen und Lamellen. Die Fronten zur Straße Am Schlosspark und im Südosten des Komplexes (Georg-Eckert-Straße) sind weitgehend ungegliedert. Sie zeigen Sichtbeton- und Putzflächen und beinhalten die Zufahrten in die Parkgaragen und zur Belieferung des Einkaufszentrums. Hier sind die Öffnungen nach technischen Gesichtspunkten angeordnet und z.T. vergittert. Letztere Fassaden sind zur vollflächigen Begrünung mit Kletterpflanzen vorgesehen.

Mit den Schloss-Arkaden ist ein bisher nicht erreichter, voluminöser Maßstab in das Braunschweiger Stadtbild gelangt. Der einstige Schlosspark ist vollkommen überbaut worden. Dies waren wesentliche und berechtigte Kritikpunkte der Gegner des Großprojekts. Die Anschlüsse des Centerbaus an die in hoher Qualität realisierten Werksteinfronten der Schlossfassaden sind als besonders problematisch zu werten. Mit der grünen Farbgebung bilden die Eingangs-Kolonnaden einen überaus starken Kontrast zu den unmittelbar anschließenden Schlossfassaden. Hinzu kommt die sowohl an den Eingangsfronten als auch an den übrigen Fassaden des Einkaufszentrums angebrachten Firmenwerbungen in unterschiedlichen Farben.

Der risalitartige Eingangsbau an der Georg-EckertStraße fällt mit seiner Schrägstellung, die den torsohaft rekonstruierten Kopfbau des Schloss-Südflügels unschön verdeckt, als besonders eklatanter Missgriff ins Auge. Am Rücksprung des Eingangsbaus bleibt ein Restraum zum Schloss. Hier sind der sauberen Rekonstruktion mit Originalteilen des Ottmerbaus (Säulen und Kapitelle) kahle Betonflächen gegenübergestellt.

Die Möglichkeit, der Schloss-Rekonstruktion eine hochwertige moderne Architektur zur Seite zu stellen, ist leider nicht genutzt worden. Der insgesamt erfreulichen Tatsache einer Aufwertung des Stadtraums am Bohlweg ist durch die austauschbare Investorenarchitektur des Einkaufszentrums erkauft worden. Sicherlich hätte man die komplizierte Bauaufgabe gestalterisch angemessener lösen können, wie dies einige konkurrierende Entwürfe zu diesem Projekt erscheinen lassen.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)