Wohnanlage Echternstraße 18-27

Fassaden an der Echternstraße

Fassaden an der Echternstraße

  1. Nutzung, Bauzeit

    • Wohnanlage
    • errichtet 2008-10
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude

    • Neubebauung einer Brache mit Aufnahme der Straßenflucht und lockerer Bebauung des Hofbereichs mit Wegen und Hausgärten
    • Nachbargebäude: im Süden Fachwerkbebauung (Stobwasserhaus), nordseitig modernes Bürogebäude mit Granitfassade und flachem Walmdach
  3. Geschossigkeit und Dachform

    • zwei- bis viergeschossige Gebäudeteile mit Flachdächern und abschnittsweisen Pultdächern zur Echternstraße
  4. Baukörpergestaltung

    • geschlossene Zeile an der Echternstraße mit leichter Biegung (Straßenverlauf), hofbzw. gartenseitig lockere Bebauung mit Freiterrassen und Balkonen
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung

    • die Häuserzeile an der Echternstraße nimmt mit Geschossigkeit, Putzfassaden und geneigten Dächern Elemente der umgebenden Bebauung auf
    • Überschreitung der Bauflucht der ehem. Stadtbefestigung ist kritisch zu beurteilen
  6. Fassadengestaltung

    • Putzfassaden ohne Gliederung
    • Fensteröffnungen verschiedener Größe z.T. unregelmäßig, nach Grundrissdisposition, eingefügt
    • schlichte Hauseingänge und Durchgänge in den Hofbereich
  7. Detaillierung

    • knappe Detaillierung der Straßenfassaden, kein Dachüberstand
    • transparente Vordächer
  8. Materialien und Farbgebung

    • weiß gestrichene Putzfassaden über Wärmedämmung
    • graue Holzfenster
    • Sockelzone mit grauen Steinplatten verkleidet
    • Pultdächer mit roten Ziegeln
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung

    • Putzfassaden und Ziegeldächer ordnen sich in das Stadtquartier ein
    • farbliche Differenzierung der straßenseitigen Hauseinheiten wäre wünschenswert
  10. Abschließende Bewertung: + +

    • sinnvolle Wiederbebauung eines Brachgrundstücks mit Wohnnutzung
    • Schließung eines bislang offenen Straßenraums
Fassaden an der Echternstraße

Fassaden an der Echternstraße

Am Rand der Braunschweiger Innenstadt bestand an der Westseite der Echternstraße bis vor wenigen Jahren eine Brachfläche, die auf die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges zurückging. Im Süden dieser großen Parzelle befindet sich das gut erhaltene Altstadtquartier um die Michaeliskirche. An ihrer Nordseite steht ein Bürogebäude. Die gegenüberliegende Seite der Echternstraße ist derzeit lückenhaft bebaut. Das Grundstück reicht im Westen an den alten Stadtgraben (Neustadtmühlengraben); während einer archäologischen Grabung wurden hier 2003 wertvolle Befunde zur Geschichte der Stadtbefestigung und der mittelalterlichen Besiedlung erhoben.

Von 2008 bis 2010 entstand auf dem Brachgrundstück, das vor der Zerstörung neun Hausstellen umfasste, in zwei Bauabschnitten ein moderner Wohn- komplex. Er besteht aus einer geschlossenen Zeile an der Echternstraße und locker gruppierten Gebäuden mit Gärten im rückwärtigem Bereich. Im Souterrain befindet sich eine Parkgarage.

Die straßenseitige Zeile nimmt die historische Bauflucht auf und zeigt eine entsprechend sanft geführte Biegung. Der südliche Brandgiebel lässt einen Durchgang in die Hofbereiche der Wohnanlage und des Fachwerkhauses Echternstraße 17 frei. In ihrer Geschossigkeit und Dachform nimmt die Häuserzeile Bezug auf die jeweils benachbarten Gebäude an den Kopfenden. Der südliche Abschnitt ist zweigeschossig, während das nördliche Drittel der Zeile drei Geschosse aufweist. Am Nordende zeigt sich ein übereck ausgebildeter Kopfbau mit vier Geschossen und Flachdach. Im Übrigen sind die Häuser zur Echternstraße hin abschnittsweise mit ziegelgedeckten Pultdächern ausgebildet, ein Dachüberstand existiert nicht.

Die Fassaden erheben sich über einem Sockel aus grauen Steinplatten und sind verputzt sowie durchweg weiß gestrichen. Hofdurchgänge und Eingangstüren mit schlichten, transparenten Vordächern markieren die einzelnen Hauseinheiten. Die Fensteröffnungen sind in den Fassaden zur Echternstraße weitgehend unregelmäßig, je nach Grundriss und Nutzung der dahinterliegenden Räume, verteilt. Am Südende befinden sich, in direkter Nachbarschaft zur historischen Bebauung, betont hochrechteckige Fenster.

Die rückwärtige Bebauung ist zeilenartig in Querrichtung zum Straßenverlauf ausgebildet und wird von einem internen Erschließungsweg durchquert. Sie verzahnt sich unmittelbar mit dem Grünraum des Neustadtmühlengrabens. Die Freiräume der straßenseitigen Wohnbebauung liegen erhöht über dem Unterbau der Parkgarage, die sich in den Hofraum vorschiebt. An den Hof- bzw. Gartenseiten ist die Architektur mit Motiven der klassischen Moderne gestaltet, ohne ihre Entstehungszeit im frühen 21. Jahrhundert zu verleugnen. Hier zeigen die einzelnen Wohneinheiten durchgehend Flachdächer sowie übereck angelegte Fenster und Terrassen. In einem Bereich der Autogarage wurden die Fundamente eines von den Archäologen freigelegten Stadtmauerturms erhalten, die übrigen Befunde historischer Wohngebäude wurden leider beseitigt.

Die Wohnanlage an der Echternstraße ist ein positives Beispiel für das Thema des Wohnens in der Innenstadt. Zudem leistet der Gebäudekomplex einen Beitrag zur Stadtreparatur. Mit seiner Rezeption von Bauhöhen, -fluchten und Dachformen an der Echternstraße fügt sich das Quartier gut in den teils historisch, teils heterogen geprägten Stadtbereich ein.

Ein dezente farbliche Differenzierung der Hausein- heiten an der Echternstraße wäre für die Andeutung einer Parzellierung und als Verknüpfung mit der kleinteiligen Bebauung um die Michaeliskirche wünschenswert. Als Kritikpunkt kann man die Überschreitung der Flucht der ehemaligen Stadtmauer zum Neustadtmühlengraben hin anführen.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)