Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: - - -
In unmittelbarer Nähe des Petritors befindet sich die ehemalige Villa von Bülow, eines der bedeutendsten Baudenkmäler des Klassizismus in Braunschweig. Das vornehm in eine kleine Parkanlage eingebettete Bauwerk bildet gleichsam den Auftakt für die Celler Straße, eine der wichtigsten Ausfallstraßen der Stadt. Der Entwurf für die 1839 errichtete Villa stammt von Carl Theodor Ottmer, dem Architekten des Residenzschlosses und des Alten Hauptbahnhofs. Das Gebäude zeigt sich als weißer Baukörper mit vier Ecktürmchen und erinnert somit an das bekannte Humboldtschlösschen von Karl Friedrich Schinkel in Berlin-Tegel.
Die Villa von Bülow hatte den Zweiten Weltkrieg weitgehend unversehrt überstanden, geriet jedoch nach 1945 zunehmend in Verwahrlosung. Schließlich wurde das Baudenkmal für eine Nutzung als Hauptsitz des Georg-Eckert-Instituts für Schulbuchforschung bis 1981 saniert. Dabei fiel das Innere des Hauses einer umfassenden Entkernung zum Opfer. Bereits in den 1960er Jahren war das großzügige Parkgrundstück der Villa an seiner Südseite durch den Bau eines unmaßstäblichen Schwesternwohnheims für das Holwede-Krankenhaus erheblich geschmälert und beeinträchtigt worden.
Das Georg-Eckert-Institut ist inzwischen auf mehrere Standorte in der Stadt verteilt und leidet seit Jahren an zunehmender Raumnot. Daher wurde in den Jahren 2015/16 ein Erweiterungsprojekt initiiert, um das Institut an seinem Hauptstandort zu konzentrieren. Die Planungen sehen vor, das bisherige Schwesternwohnheim für die Verwaltung umzunutzen und an der Freisestraße einen riegelartigen Baukörper für das Bibliotheksmagazin neu zu errichten. Dieses Magazingebäude soll mit schmalen Gängen sowohl an die Villa als auch an den Verwaltungsbau anschließen. Der Bebauungsplan für das Vorhaben war bis Anfang Dezember 2016 öffentlich ausgelegt.
Das vorgesehene Magazingebäude soll an der Westseite des Gartengrundstücks der ehemaligen Villa entlang der Freisestraße platziert werden. Es handelt sich um einen zweigeschossigen riegelartigen Baukörper. Das Erdgeschoss erhebt sich über einer Sockelzone mit umlaufender Verglasung, während das höhere Obergeschoss als nach außen hin völlig geschlossener Block gedacht ist. Es lastet mit einer umlaufenden Auskragung über dem transparent erscheinenden Erdgeschoss. Die nördliche Schmalseite des Magazins fluchtet mit der Nordkante des südwestlichen Ecktürmchens der Villa von Bülow. An dieses Türmchen soll der eingeschossige, ebenfalls verglaste Verbindungsgang zwischen Altbau und Magazin anschließen. Zu diesem Zweck wird das Turm-Erdgeschossfenster zu einer Türöffnung umgebaut. An der Südseite ist ein entsprechender Verbindungsgang zum Verwaltungsbau im ehemaligen Schwesternheim vorgesehen. Für das Magazingebäude wird ein zweigeschossiges Wohnhaus (Baujahr 1938) an der Freisestraße weichen.
Die Planungen zur Erweiterung des Georg-Eckert-Instituts bedeuten eine entschiedene Beeinträchtigung des Baudenkmals Villa von Bülow sowie des zugehörigen Frei- bzw. Grünraums, der ursprünglichen Gartenanlage. Diese wiederum ist eingebunden in die Gesamtanlage des Braunschweiger Wallrings. Daher wiederspricht die Planung auch den Bemühungen, das herausragende Gesamtdenkmal des Wallrings in Zukunft vor weiteren Beeinträchtigungen zu bewahren. Der projektierte Gebäuderiegel schnürt den Restgarten der Villa von der Freisestraße ab und verschließt zugleich die reizvolle Beziehung des Villengartens mit dem ehemaligen Friedhof des 1944 zerstörten Kreuzklosters an der nordwestlichen Straßenseite.
Eine von den Planern geschickt inszenierte Perspektivdarstellung (rechnergestützte Simulation) suggeriert eine verträgliche Lösung, in der das historische Villengebäude scheinbar seine Dominanz bewahrt. Sicherlich wird das klassizistische Baudenkmal von der Celler Straße aus gesehen weiterhin seine Wirksamkeit entfalten. Betrachtet man dagegen den entsprechenden Lageplan des Bauvorhabens, wird allein im Grundriss das völlig unverträgliche Bauvolumen des konzipierten Magazingebäudes deutlich. Genauso deutlich wird der grundsätzliche Fehler, die ursprünglich als Solitärgebäude konzipierte Villa mit einem Erweiterungsbau zu konfrontieren.
Das zukünftige Magazingebäude ist in der oben genannten Perspektivdarstellung sowie in einer Ansichtszeichnung mit jeweils leicht unterschiedlicher Detaillierung abgebildet. Im Perspektivrendering zeigt sich das geschlossene Obergeschoss mit einer Fassadenstruktur, die Assoziationen an eine Diamantqiaderung gleichsam wie an eine Kaufhausfassade der 1970er Jahre erweckt. Die Bauzeichnung zeigt hier dagegen eine gerasterte Struktur. Hier ist ein Gebäude geplant, das in seiner Beliebigkeit den Strömungen des aktuellen internationalen Architekturdesigns entspricht und in keiner Weise Bezug zu seinem besonderen Standort herstellt.
Abschließend soll der für den hiesigen Sachverhalt geltende Paragraph des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetztes zitiert werden:
§ 8 Anlagen in der Umgebung von Baudenkmalen In der Umgebung eines Baudenkmals dürfen Anlagen nicht errichtet, geändert oder beseitigt werden, wenn dadurch das Erscheinungsbild des Baudenkmals beeinträchtigt wird. Bauliche Anlagen in der Umgebung eines Baudenkmals sind auch so zu gestalten und instand zu halten, dass eine solche Beeinträchtigung nicht eintritt.