Bürohaus Küchenstraße 9

Ansicht von Südwesten

Ansicht von Südwesten

  1. Nutzung, Bauzeit

    • Bürogebäude
    • errichtet 1962, Erweiterung 1996, z.T. umstrittene Umgestaltung 2011
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude

    • dominantes Eckgebäude Küchenstraße/Alte Waage
    • Nachbargebäude: an der Ostseite (Küchenstraße) modernes Büro- und Geschäftshaus von 1960 mit Laubengang; an der Alten Waage schmale Lücke mit Grundstückseinfahrt, anschließend Wohnhäuser mit geneigten Dächern
  3. Geschossigkeit und Dachform

    • drei- bzw. sechsgeschossige Bebauung mit Flachdächern
  4. Baukörpergestaltung

    • winkelförmige Durchdringung zweier Kuben, die über durchgehendem Erdgeschoss unterschiedlich weit vorspringen, Hauptbaukörper Küchenstraße mit Kolonnade
    • weiterer Flügelbau (Erweiterung 1996) an der Rückseite des Bauteils Küchenstraße
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung

    • Einbindung in den von großmaßstäblichen Gebäuden geprägten Bereich des Kerntangentenquadrats
    • solitäre Abgrenzung zur konventionellen Wohnbebauung an der Alten Waage
  6. Fassadengestaltung

    • Erdgeschossbereich und Hauptfassaden (Längsseiten) mit wandhohen, horizontalen Fensterbändern
    • Schmalseiten weitgehend geschlossen und mit Paneelen verkleidet, Fensteröffnungen nur in der Südfassade des Seitenflügels
  7. Detaillierung

    • Kolonnade mit quadratischen Betonstützen
    • Geschossübergänge mit schmalen Gesimsstreifen, darin Sonnenschutz (Jalousien)
    • Fensterbänder mit vertikaler Teilung durch schmale Paneele (Umgestaltung 2011)
    • wandhohe Fensteröffnungen mit angedeu teten Brüstungen
  8. Materialien und Farbgebung

    • Stirnflächen mit weißen Paneelen
    • Gesimse und Traufzonen der Hauptfronten aus Metall (silbergrau)
    • vertikale Paneele im Erdgeschoss aus Milchglas
    • vertikale Paneele in den Obergeschossen in lockerem Wechsel von hellgrünen und hellblauen Farbtönen
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung

    • gerasterte Fassadengestaltung zeigt heitere Note und unterstützt Dominanz des Gebäudes
    • kein Bezug zur Bebauung an der Alten Waage
  10. Abschließende Bewertung: +

    • großzügig konzipierter, qualitätvoller Bau an einer Hauptverkehrsschneise
    • problematischer Übergang zur Bebauung Alte Waage
Ansicht von Südwesten

Ansicht von Südwesten

Ein im Stadtbild sehr präsentes Gebäude ist das Bürohaus Küchenstraße 9. Das 1962 errichtete Gebäude befindet sich an der Kreuzung Lange Straße/ Küchenstraße mit Meinhardshof/Alte Waage. Der Bau zählt zu den bedeutendsten Leistungen des modernen Wiederaufbaus und wurde 1996 an der Rückseite in gleicher Formensprache erweitert. 2011 erfolgte eine vollständige Fassadensanierung, die das Erscheinungsbild deutlich veränderte. Während an der Küchenstraße im Osten ein weiteres modernes Bürogebäude anschließt, besteht nördlich, an der Alten Waage, eine Lücke zu der hier befindlichen Häuserzeile mit geneigten Dächern. Die Lücke wird als Grundstückseinfahrt genutzt.

Küchenstraße 9 besteht aus einem sechsgeschossigen Hauptgebäude an der Küchenstraße und einem dreigeschossigen Flügelbau an der Alten Waage. Beide Bauteile treten als rechteckige, sich durchdringende Kuben mit Flachdächern in Erscheinung. Der später ergänzte Gebäudeteil befindet sich an der Rückseite des Hauptgebäudes.

Das Erdgeschoss springt mit seiner Fassade hinter die Fluchten der Obergeschosse zurück und bindet beide Bauteile zusammen. Es ist mit wandhohen Fensteröffnungen versehen. Der sechsgeschossige Haupttrakt hingegen ragt mit den Obergeschossen so weit vor, dass an seiner Straßenfront eine Kolonnade über eckigen Stützen besteht. Das Haus tritt entsprechend nah an den im Zuge der Nachkriegs- planungen stark erweiterten Straßenverlauf heran.

Die Fassaden der Obergeschosse sind an den Langbzw. Stirnseiten unterschiedlich ausgebildet. Die Stirnseiten sind weitgehend geschlossen und, seit der letzten Sanierung, mit weißen Paneelen verkleidet. Fenster befinden sich hier lediglich an der nördlichen Stirnfront des Flügelbaus. Die als Primärfassaden geltenden Längsseiten sind horizontal mit durchlaufenden Fensterbändern gegliedert. In den auch hier wandhohen Fensteröffnungen befinden sich geschlossene Brüstungselemente.

Zwischen den Fenstern sind, auch im Erdgeschoss, vertikale und geschlossene Wandstreifen eingefügt. Sie gehen auf die jüngsten Veränderungen zurück und geben den Fronten auch einen vertikalen Akzent. In den Obergeschossen sind diese leicht transparenten Streifen in lockerem Wechsel in hellen Blau- und Grüntönen gehalten. Die aus Milchglas bestehenden Streifen im Erdgeschoss sind bei Dunkelheit hinterleuchtet. Über den Fensterbändern zeigen sich niedrige Kästen für den Sonnenschutz, der aus silberfarbenen Jalousien besteht.

Vor den 2011 erfolgten Veränderungen zeigten sich die Fassaden homogener und, mit den sichtbaren, seitlichen Halterungen für den Sonnenschutz, auch metallischer. Die Umbaumaßnahme wird von den Freunden der klassischen Braunschweiger Nachkriegsarchitektur (Braunschweiger Schule) kritisiert.

Das Bürohaus setzt einen wichtigen Akzent an der breiten und verkehrsreichen Küchenstraße, die zum so genannten Kerntangentenquadrat gehört. Die Differenzierung der Baukörper entspricht der städtebaulichen Situation mit großmaßstäblichen Gebäuden an der Hauptstraße und kleinteiligen Strukturen innerhalb der ehemaligen Neustadt bei St. Andreas. Das deutliche Heranrücken des Gebäudes an den Straßenverlauf mildert seine Aufweitung. Mit der Kolonnade, die sich in Küchenstraße 10 fortsetzt, ist ein altes Motiv des Städtebaus adäquat in moderne Bauformen übersetzt. Die transparenten Fassaden erhalten mit den nun angebrachten, farbigen Paneelen eine heitere Note.

Schwierig ist allerdings der nicht gelöste Übergang des Übergangs zu den schlichten, traditionell wirkenden Wohnbauten an der Alten Waage. Hier stoßen unterschiedliche Architekturformen unvermittelt zusammen.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)