Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: – – –
Bis zu seinem weitgehenden Abbruch im Jahr 2009 existierte an der Westseite der belebten Einkaufsstraße Sack ein Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Der Bunker wurde als Geschäftshaus genutzt und wirkte mit seiner Fassadengestaltung als provisorische Bebauung einer Baulücke. Die Parzelle bildet den westlichen Blickpunkt der Straße Vor der Burg, die den Burgplatz mit dem Sack verbindet und von historischer Bausubstanz geprägt ist.
An der Südseite des Grundstücks besteht ein in den 1950er Jahren errichtetes Wohn- und Geschäftshaus, das sich mit seiner Putzfassade, den meist hochrechteckigen Fensteröffnungen und einem Staffelgeschoss mit ziegelgedeckten Satteldach in die umgebende Bebauung einfügt. Das nördliche Nachbarhaus der Parzelle Sack 1 ist ein barocker Fachwerkbau, der 1755 nach Entwurf des Baumeisters Georg Christoph Sturm errichtet wurde. 1900 erhielt die Fassade von Haus Sack 2 eine Stuckdekoration in den Formen des Jugendstil.
An Stelle des einstigen Bunkers entstand ein viergeschossiges Geschäftshaus, in das die nördliche Betonwand des Bunkers einbezogen wurde. Die Stockwerke variieren mit ihren leicht unterschiedlichen Fassadenfluchten die Baulinien der Nachbargebäude. Das oberste Stockwerk erstreckt sich lediglich über drei Viertel der Gebäudebreite und wirkt als Staffelgeschoss. Zum Brandgiebel des nördlichen Nachbarhauses entsteht damit im 3. Obergeschoss ein Freiraum.
Die gesamte Front ist großflächig verglast. Erd- und 1. Obergeschoss sind zusammengefasst und erstrecken sich über die Höhe der stehengebliebenen Bunkermauer. Das 1. Obergeschoss ist somit als Zwischengeschoss zu bezeichnen. Bestimmendes Element der Fassade ist ein mit Metallplatten verkleidetes, mäanderartig verlaufendes Band. Es gliedert die Fassade als Großform. Das Band setzt am Südende der Fassade an und bildet hier als senkrechter Akzent das Pendant zur erhaltenen Bunkerwand. Im 2. Stockwerk ruht das Mäanderband auf einer Kragkonsole des ehemaligen Bunkers, die hier das leicht keilförmig vorkragende Stockwerk zu tragen scheint.
Die großflächige Verglasung ist durch Fassadenpfosten in senkrechte Abschnitte gegliedert. In den jeweils geschosshohen Glasfeldern sind an den Seiten schmale Bereiche mit schwenkbaren Fensterflügeln abgeteilt. Im 2. Obergeschoss springt die Glasfront am Südende zurück und bildet eine Loggia. Vor der Loggia und dem Staffelgeschoss befinden sich Metallgeländer mit senkrechten Stäben. Das Mäanderband und die Gliederungen der Glasfronten sind einheitlich in Schwarz ausgeführt.
Das Geschäftshaus ist durchaus ambitioniert entworfen und stellt eine Verbesserung der Vorgängersituation dar. Die Gesamtform enthält Elemente aus dem historischen Braunschweiger Fachwerkbau (Zwischengeschoss, Vorkragung). Insgesamt bildet das Gebäude jedoch einen deutlichen und bewussten Bruch in der Häuserzeile.
Die Einbeziehung von Gestaltungsmerkmalen der beiden Nachbarhäuser in den Entwurf des Neubaus würden hier vorteilhaft wirken. Statt geschlossener Wandflächen zeigt der Neubau ausschließlich Glasflächen, die von der abstrakten Großform des Mäanderbandes überlagert sind. Dieses Band bestimmt den Maßstab der Fassade. Die weiteren Gliederungen der Verglasungen treten deutlich zurück und werden für die nötige Differenzierung der Maßstäbe von der Großform bis in das Detail kaum wirksam. Dieser Eindruck wird durch die gleichförmige Farbgebung von Mäanderband und Fensterteilung noch verstärkt. Die Farbgestaltung setzt die Fassade zudem von der umgebenden Bebauung ab. Für die schwarz-glänzende Oberfläche des Mäanders gibt es in der weiteren Umgebung kein Äquivalent. Der horizontale Bügel, mit dem das Band das 2. Obergeschoss umfährt, scheint die beiden Nachbarbauten auseinanderzudrängen. Die Ausbildung des unvollständig wirkenden Staffelgeschosses und der damit entstehende Freiraum zum Giebel des Hauses Sack 2 erscheint unmotiviert, verhindert andererseits einen noch stärkeren Maßstabsbruch zur Jugendstilfassade des Nachbarn.
Das Erscheinungsbild des Neubaus suggeriert eine Wichtigkeit, die der Nutzung und dem Inhalt nicht entspricht. Es bildet einen unangemessenen Kontrast zu den historischen Geschäftshäusern mit ihrer kleinteiligen Ladenstruktur.
Abschließend kann bemerkt werden, dass hier an einer sensiblen Stelle die Möglichkeit nicht genutzt wurde, einen städtebaulichen Mangel zu heilen.