Großkino Lange Straße 60-62

Fassaden an der Langen Straße

Fassaden an der Langen Straße

Fassaden an der Weberstraße

Fassaden an der Weberstraße

  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Großkino mit Gastronomie und Bürotrakt sowie Parkgarage
    • errichtet 2000
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • weitgehend geschlossene Bebauung einer Großparzelle zwischen Langer Straße und Weberstraße
    • Nachbargebäude:
      • Lange Straße 63: fünfgeschossiges Bürohaus von um 1990 mit Laubengang und Flachdach
      • Weberstraße: Schulbau aus den 1970er Jahren, durch Freiraum abgeteilt
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • bis zu sechsgeschossige Bebauung mit Flachdächern
  4. Baukörpergestaltung:

    • an der Langen Straße Gliederung in drei Gebäudeteile mit Bürotrakt, Foyer und Rundbau als Eckbetonung (großer Kinosaal), Bürotrakt und Rundbau springen über die Flucht des Erdgeschosses bzw. Foyers vor
    • zweiteilige Rückseite zur Weberstraße mit Fuge zum Rundbau
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • großmaßstäbliche Gliederung und Flachdächer entsprechen der baulichen Umgebung im Quartier Lange Straße/Radeklint
    • problematische Situation an der Weberstraße
  6. Fassadengestaltung:

    • auskragender Bürotrakt mit verputzter Lochfassade
    • Foyer und durchlaufende Erdgeschosszone vollflächig verglast, darüber auskragendes Vordach des fensterlosen Rundbaus
    • weitgehend geschlossene Nordfassade mit wechselweise hinter bzw. vor einer Wandscheibe liegenden Fluchttreppen
    • Ostteil der Nordfassade aus Betonplatten, nordseitig völlig geschlossen
  7. Detaillierung:

    • Pfosten-Riegel-Konstruktion der Verglasungen mit maßstäblicher Binnenteilung
    • Rundbau mit Verkleidung durch gefalzte Kupferplatten
    • Fassade des Bürotrakts ohne Gliederung, regelmäßig angeordnete Fenster
    • Nordfassade mit Wandscheibe und Fluchttreppenhäusern aus Metall, Ostabschluss der Fassade mit Fugenbild der Betonplatten, Seitenfront aus Industrieverglasung
  8. Materialien und Farbgebung:

    • Teilungen der Glasfassaden aus Metall
    • Bürogeschosse verputzt und weiß gestrichen
    • Kinosaal-Rundbau mit grüner Kupferverkleidung
    • Fassade Weberstraße weitgehend verputzt und weiß gestrichen, Betonplatten
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • Unterscheidung der Gebäudeabschnitte auch anhand der Materialien klar differenziert
    • Putz- und Glasfassaden prägen bauliches Umfeld ebenfalls
    • Sonderbaukörper mit Kupferverkleidung korrespondiert mit Petrikirchturm
    • geschlossen und abweisend wirkende Rückfassade, beeinträchtigt mit auskragenden Fluchttreppen den Blick auf die Andreaskirche
  10. Abschließende Bewertung: – –

    • wichtige Schließung einer Baubrache in einem durch großmaßstäblich-moderne Gebäude geprägten Stadtquartier
    • Kinocenter und Gastronomie beleben die vor dem Bauvorhaben wenig attraktive Situation
    • Gliederung korrespondiert mit den Maßstäben der Umgebung
    • stark kontrastierend zu den positiven Aspekten die Nordfassade Weberstraße: eine leblos wirkende Rückseite mit weiterer Beeinträchtigung der Wirkung eines Baudenkmals (St. Andreas), hier verpasste Gelegenheit zur Verbesserung der Situation
Fassaden an der Langen Straße

Fassaden an der Langen Straße

Fassaden an der Weberstraße

Fassaden an der Weberstraße

Das ehemalige Weichbild Neustadt war noch Jahrzehnte nach Kriegsende von großen Brachflächen geprägt, die als Parkplätze genutzt wurden. An der städtebaulich besonders relevanten Nordseite der Langen Straße wurde im Jahr 2000 die letzte und umfangreichste Freifläche neu bebaut. Es entstand, in Folge eines Architekturwettbewerbes, ein großes Kinocenter mit gastronomischen Einrichtungen und einem Bürotrakt. Das Kinocenter trägt entschieden zur Re-Urbanisierung des bisher vom Individualverkehr geprägten und zerteilten Stadtquartiers bei.

Das Großkino besetzt vollflächig ein dreieckiges Grundstück zwischen Lange Straße und Weberstraße und schließt mit Flachdächern ab. An der Langen Straße präsentiert sich der großvolumige Gebäudekomplex mit drei unterschiedlichen Bauteilen. Im Anschluss an das benachbarte Bürohaus Lange Straße 63 besteht ein riegelartiger Gebäudeteil mit sechs Geschossen. Das Erdgeschoss ist hier stark eingezogen und nimmt die Flucht der Rückwand des Laubengangs von Lange Straße 63 auf. Die oberen Stockwerke kragen stützenfrei bis in die vordere Flucht des Nachbargebäudes vor. Darüber existiert noch ein Staffelgeschoss. Das Erdgeschoss ist als Schaufensterzone durchweg verglast. Am Ostende befindet sich die Einfahrt in eine Parkgarage, während der Kinoeingang westlich liegt. Die Fassade der oberen Stockwerke ist als Lochfassade ausgebildet, verputzt und weiß gestrichen.

Der verglaste Erdgeschossbereich geht in die große Glasfront über, die vor dem Kinofoyer aufgespannt ist, und setzt sich darüber hinaus bis über den runden Eckbau fort . Damit bindet die Erdgeschosszone die drei Gebäudeabschnitte zusammen. Über der fünf Geschosse hohen Glasfront des Foyers ist ein weit auskragendes Vordach angebracht. Das differenziert gestaltete Innere des Foyers scheint, besonders bei Innenbeleuchtung, durch die Glasfront wirkungsvoll nach außen. Eine aus metallenen Pfosten und Riegeln bestehende Binnenteilung gliedert die Glasfläche maßstäblich.

Prägender Gebäudeteil ist der Rundbau an der Ecke zum Durchgang in die Weberstraße. Er beinhaltet einen großen Kinosaal und scheint als leicht konischer, sich nach oben hin verbreiternder Baukörper über dem verglasten Erdgeschoss zu schweben. Seine Fassade ist völlig geschlossen und mit gefalzten Kupfertafeln verkleidet. Die schräge Untersicht zum Foyer zeigt die ansteigenden Sitzreihen an.

An der nördlichen Rückseite ist der Rundbau durch eine Fuge von einer langgestreckten Fassade an der Weberstraße abgesetzt. Diese Fassade besteht aus zwei Abschnitten. Der westliche Abschnitt beinhaltet die Notausgänge der Kinosäle. Diese Ausgänge befinden sich hinter einer vor dem Gebäudekubus errichteten, zweigeschossigen Wandscheibe. Fluchtwege und zugehörige Stahltreppen liegen hinter dieser vorgestellten Wand. Über darin eingeschnittene Öffnungen kragen Teile der Treppen frei in den Straßenraum aus. Wandscheibe und Gebäudekubus (Kinosäle) sind verputzt und weiß gestrichen. Der Ostteil der Fassade, hinter der sich die Parkgarage befindet, ist völlig geschlossen und besteht aus Betonplatten. Zur Berufsschule hin zeigen die Parkdecks eine Industrieverglasung.

Der Kinokomplex erhält durch seine Teilung in drei großmaßstäbliche Bauteile an der Langen Straße eine Baukörpergestaltung, die dem Charakter dieser vielbefahrenen Verkehrsachse und seiner Bebauung entspricht. Dabei setzt der Rundbau einen entscheidenden Akzent. Seine Verkleidung korrespondiert mit derjenigen des Turmhelms der Petrikirche.

Im Kontrast dazu steht die Wirkung der Nordfassade. Sie ist als leblose, wirkliche Rückseite ausgebildet und beherrscht einen langen Abschnitt der Weberstraße. Die einst berühmte Blickperspektive Weberstraße mit Andreaskirche ist nun durch die Bebauungen auf beiden Straßenseiten weitgehend entwertet. Während an der Nordseite ein unwirtlicher Parkplatz und die hinter einer Pflanzzone zurückliegend errichtete Sporthalle die Szenerie bestimmen, ragen an der Südseite die Stahltreppen aus einer gestaltlosen Wand in den Straßenraum.

Insgesamt zeigt sich das Kinocenter als zwiespältig zu betrachtender Neubau. Die Hauptschauseite an der Lagen Straße ergänzt das von modernen Bauten gekennzeichnete Quartier durchaus qualitätvoll. Die Nutzung trägt zur Belebung eines bis zum Jahr 2000 einzig vom Autoverkehr beherrschten Stadtraums bei. An der Nordfassade zur Weberstraße ist die Gelegenheit verpasst worden, den einst als ein Wahrzeichen Alt-Braunschweigs geltenden Straßenraum angemessen zu fassen. Stattdessen hat sich dort der trostlose Eindruck leider noch verschlimmert.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)