Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: – –
Das ehemalige Weichbild Neustadt war noch Jahrzehnte nach Kriegsende von großen Brachflächen geprägt, die als Parkplätze genutzt wurden. An der städtebaulich besonders relevanten Nordseite der Langen Straße wurde im Jahr 2000 die letzte und umfangreichste Freifläche neu bebaut. Es entstand, in Folge eines Architekturwettbewerbes, ein großes Kinocenter mit gastronomischen Einrichtungen und einem Bürotrakt. Das Kinocenter trägt entschieden zur Re-Urbanisierung des bisher vom Individualverkehr geprägten und zerteilten Stadtquartiers bei.
Das Großkino besetzt vollflächig ein dreieckiges Grundstück zwischen Lange Straße und Weberstraße und schließt mit Flachdächern ab. An der Langen Straße präsentiert sich der großvolumige Gebäudekomplex mit drei unterschiedlichen Bauteilen. Im Anschluss an das benachbarte Bürohaus Lange Straße 63 besteht ein riegelartiger Gebäudeteil mit sechs Geschossen. Das Erdgeschoss ist hier stark eingezogen und nimmt die Flucht der Rückwand des Laubengangs von Lange Straße 63 auf. Die oberen Stockwerke kragen stützenfrei bis in die vordere Flucht des Nachbargebäudes vor. Darüber existiert noch ein Staffelgeschoss. Das Erdgeschoss ist als Schaufensterzone durchweg verglast. Am Ostende befindet sich die Einfahrt in eine Parkgarage, während der Kinoeingang westlich liegt. Die Fassade der oberen Stockwerke ist als Lochfassade ausgebildet, verputzt und weiß gestrichen.
Der verglaste Erdgeschossbereich geht in die große Glasfront über, die vor dem Kinofoyer aufgespannt ist, und setzt sich darüber hinaus bis über den runden Eckbau fort . Damit bindet die Erdgeschosszone die drei Gebäudeabschnitte zusammen. Über der fünf Geschosse hohen Glasfront des Foyers ist ein weit auskragendes Vordach angebracht. Das differenziert gestaltete Innere des Foyers scheint, besonders bei Innenbeleuchtung, durch die Glasfront wirkungsvoll nach außen. Eine aus metallenen Pfosten und Riegeln bestehende Binnenteilung gliedert die Glasfläche maßstäblich.
Prägender Gebäudeteil ist der Rundbau an der Ecke zum Durchgang in die Weberstraße. Er beinhaltet einen großen Kinosaal und scheint als leicht konischer, sich nach oben hin verbreiternder Baukörper über dem verglasten Erdgeschoss zu schweben. Seine Fassade ist völlig geschlossen und mit gefalzten Kupfertafeln verkleidet. Die schräge Untersicht zum Foyer zeigt die ansteigenden Sitzreihen an.
An der nördlichen Rückseite ist der Rundbau durch eine Fuge von einer langgestreckten Fassade an der Weberstraße abgesetzt. Diese Fassade besteht aus zwei Abschnitten. Der westliche Abschnitt beinhaltet die Notausgänge der Kinosäle. Diese Ausgänge befinden sich hinter einer vor dem Gebäudekubus errichteten, zweigeschossigen Wandscheibe. Fluchtwege und zugehörige Stahltreppen liegen hinter dieser vorgestellten Wand. Über darin eingeschnittene Öffnungen kragen Teile der Treppen frei in den Straßenraum aus. Wandscheibe und Gebäudekubus (Kinosäle) sind verputzt und weiß gestrichen. Der Ostteil der Fassade, hinter der sich die Parkgarage befindet, ist völlig geschlossen und besteht aus Betonplatten. Zur Berufsschule hin zeigen die Parkdecks eine Industrieverglasung.
Der Kinokomplex erhält durch seine Teilung in drei großmaßstäbliche Bauteile an der Langen Straße eine Baukörpergestaltung, die dem Charakter dieser vielbefahrenen Verkehrsachse und seiner Bebauung entspricht. Dabei setzt der Rundbau einen entscheidenden Akzent. Seine Verkleidung korrespondiert mit derjenigen des Turmhelms der Petrikirche.
Im Kontrast dazu steht die Wirkung der Nordfassade. Sie ist als leblose, wirkliche Rückseite ausgebildet und beherrscht einen langen Abschnitt der Weberstraße. Die einst berühmte Blickperspektive Weberstraße mit Andreaskirche ist nun durch die Bebauungen auf beiden Straßenseiten weitgehend entwertet. Während an der Nordseite ein unwirtlicher Parkplatz und die hinter einer Pflanzzone zurückliegend errichtete Sporthalle die Szenerie bestimmen, ragen an der Südseite die Stahltreppen aus einer gestaltlosen Wand in den Straßenraum.
Insgesamt zeigt sich das Kinocenter als zwiespältig zu betrachtender Neubau. Die Hauptschauseite an der Lagen Straße ergänzt das von modernen Bauten gekennzeichnete Quartier durchaus qualitätvoll. Die Nutzung trägt zur Belebung eines bis zum Jahr 2000 einzig vom Autoverkehr beherrschten Stadtraums bei. An der Nordfassade zur Weberstraße ist die Gelegenheit verpasst worden, den einst als ein Wahrzeichen Alt-Braunschweigs geltenden Straßenraum angemessen zu fassen. Stattdessen hat sich dort der trostlose Eindruck leider noch verschlimmert.