Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: +
Das Herzog Anton Ulrich-Museum gehört zu den großen Kunstmuseen in Deutschland und ist eine der wichtigsten Kulturstätten Braunschweigs. Das Hauptgebäude wurde 1887 eröffnet, es befindet sich am Südrand der Parkanlagen im östlichen Wallringbereich. Es wurde von dem Architekten Oskar Sommer in den Formen der italienischen Hochrenaissance entworfen und zeigt sich als Solitärgebäude mit ringsum sorgfältig gestalteten Fassaden. Im Gebäude wurden sämtliche Funktionen des Museums zusammengefasst. Neben den Präsentationsräumen fanden hier auch die Verwaltung, Bibliothek, Restaurierungsateliers und Depots ihren Platz.
Nach 120 Jahren erwies sich das Bauwerk einerseits als umfassend restaurierungsbedürftig, andererseits war eine Erweiterung längst notwendig geworden. Daher wurde im Jahr 2000 ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben und der Siegerentwurf schließlich 2008-2010 realisiert. Der Erweiterungsbau beinhaltet die Verwaltung, die Bibliothek, das Archiv, die Werkstätten, Depots, das Kupferstichkabinett sowie ein Café und einen Bereich für die Museumspädagogik. Damit kann der Altbau nun vollständig für die Präsentation der hochkarätigen Kunstschätze des Museums genutzt werden.
Der Erweiterungsbau ist wiederum als Solitärgebäude konzipiert worden und lediglich über zwei brückenartige Übergänge an den Altbau angeschlossen. Er ist in paralleler Positionierung an der Rückseite des Hauptgebäudes über rechteckigem Grundriss platziert. Der zweiteilige, aber äußerlich homogen erscheinende Baukörper erhebt sich mit zwei Geschossen und Flachdächern über einem Souterrain. Seine Gesamtlänge ist an derjenigen des Altbaus orientiert. In dem längeren, östlichen Gebäudeteil befinden sich die Verwaltungsräume und das Kupferstichkabinett, während der über quadratischer Grundfläche errichtete Westteil eine Cafeteria, den Museumsladen und den museumspädagogischen Bereich beinhaltet. Damit sind die Gebäudeteile des Erweiterungsbaus prinzipiell in einen öffentlichen und einen internen Bereich gegliedert. Die verglasten Verbindungsgänge der beiden Bauteile münden in den mittleren Rundbogenöffnungen der Fassadenrisalite des Hauptbaus. So gelangt man vom Foyer des Altbaus durch den Übergang in das Cafe und den Museumsladen.
Das durchgehende Untergeschoss wird lediglich aus dem grabenartigen Zwischenraum von Alt- und Erweiterungsbau belichtet. Im Übrigen ruhen die aufgehenden Geschosse über einem flachen, mit Sandstein verkleideten Sockel. Beide Teile des Neubaus werden von einem ringsum laufenden Vorhang aus eng gereihten, schlanken Pfeilern bzw. Stäben aus Stahl zusammengebunden. Die enge Gliederung der Außenfronten entbehrt jedoch einer funktionalen Begründung, sie erzeugt Fassadenwirkung. So erscheint die Erweiterung insgesamt als einheitlicher Baukörper. Vor den Gebäudekuben erscheinen die weiß gestrichenen Stahlvorhänge als äußere Fassadenschicht, während sie den Zwischenraum einfassen und als Innenhof wirken lassen. Er dient als Freiterrasse für das Museumscafe. Die Stäbe beziehen sich auf die Fassadengliederungen der beiden Gebäudeteile, die in dunkel-anthrazitfarbenem Aluminium ausgebildet sind. Gleiche Materialien zeigen die beiden Außentreppen, die zum Innenhof und in den westlichen Bauteil führen, und die Wendeltreppe innerhalb des Hofes.
Die Entscheidung, das Museum mit einen kompakt erscheinenden Gebäude zu erweitern, kann als richtige Entscheidung bezeichnet werden. Seine Platzierung an der Rückseite des Altbaus war selbstverständlich. Sie wirkt auf Grund der maßlichen Orientierung der Grundfläche an den Maßen des Haupthauses auch schlüssig. Die Unterbringung der Depot- und Werkstattnutzungen im Untergeschoss ermöglicht eine überschaubare Gebäudehöhe. Sie lässt dem alten Museumsgebäude zwar insgesamt seine Dominanz, wirkt jedoch sehr eigenständig. Mit dem einheitlichen und hellen Pfeilervorhang über dem Steinsockel erhält der Neubau eine Leichtigkeit und Filigranität, die dem Standort im Park angemessen erscheint. Die dunkle Farbgebung der zurückliegenden Fassade bildet allerdings einen starken Kontrast zum Vorhang des Gestäbes. Der Vorhang lässt die Gliederung in zwei Bauteile erkennen und ermöglicht einen interessanten Durchblick über den Zwischenhof auf die Rückfront des Altgebäudes. Die Freiterrasse erlaubt schöne Ausblicke in den Park. Mit den beiden Übergängen sind die Eingriffe in die Bausubstanz des historischen Museumsbaus als minimal zu bezeichnen. Der Freiraum zwischen Alt- und Erweiterungsbau ist zwar eine logische Konsequenz der richtigen Entscheidung, den Neubau abzurücken, er wirkt allerdings als Restraum.
Der Erweiterungsbau erscheint in seiner städtebaulichen Anlage und Gestaltung als angemessene Lösung für den hier in mehrerer Hinsicht sensiblen Standort. Aufgrund seiner betonten Solitärwirkung und eigenständigen Gestaltung kann man ihm eine gewisse „Konkurrenz“ zum Hauptgebäude jedoch nicht absprechen.