Wohnhaus Hinter Liebfrauen 1

Ansicht

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  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Wohngebäude, errichtet 2020.
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • geschlossene Bebauung gegenüber kleiner Platzsituation;
    • südliches Nachbarhaus: Wohngebäude der 1950er Jahre mit eingezogenen Loggien;
    • nordseitig anschließend: das klassizistische Waisenhaus BMV (heute Hotel).
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • fünfgeschossiges Gebäude mit Satteldach in Traufstellung.
  4. Baukörpergestaltung:

    • schmaler Baukörper mit Satteldach;
    • zurückgesetzter kubischer Dachaufbau.
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • Baukörper nimmt Kubatur des südlichen Nachbarhauses auf und überragt das ehemalige Waisenhaus deutlich.
  6. Fassadengestaltung:

    • asymmetrische Fassade mit linksseitigem Eingang, darüber vertikale Reihe hochrechteckiger Fenster;
    • im Erdgeschoss zwei Garagentore, darüber in den Obergeschossen zusammengefasster Fassadenbereich mit Balkonen und bodentiefen Fenstertüren;
    • über der Traufe Dachaufbau mit schmaler Dachterrasse entsprechend der Balkone.
  7. Detaillierung:

    • glatte Putzfassade, Öffnungen mit Laibungen;
    • Garagen mit Rolltoren;
    • Balkone mit schräg geführten Vorderkanten;
    • Balkone und Dachterrasse mit transparenten Geländerbrüstungen;
    • Dachüberstand.
  8. Materialien und Farbgebung:

    • Putzfassaden mit anthrazitfarbigem Anstrich, Fassadenbereich mit Balkonen und Dachaufbau durch weißen Anstrich hervorgehoben;
    • Balkonbrüstungen filigran und verglast;
    • Tür, Garagentore und Fensterprofile (Metall) in dunklem Anthrazit.
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • Fassade mit auskragenden Balkonen finden in der baulichen Umgebung keine Entsprechung;
    • entsprechendes gilt für die stark kontrastierende Farbgebung;
    • abweisende Erdgeschosszone.
  10. Abschließende Bewertung: - -

    • Neubebauung ist städtebaulich als gestalterisch problematischer Ersatz für das an dieser Stelle beseitigte Wohn- und Geschäftshaus aus dem späten 19. Jahrhundert zu bewerten.
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Der Straßenzug Hinter Liebfrauen verbindet das Geschäftszentrum mit der Stobenstraße, einem Strang des vielbefahrenen Kerntangentenvierecks innerhalb der Innenstadt. Sein Name rührt von dem in nahe gelegenen ehemaligen Aegidienkloster her – die ehemalige Benediktinerkirche war auch der Hl. Maria geweiht. So trug auch des Hinter Liebfrauen angesiedelte Waisenhaus (urspr. Spital) den Namen Beatae Mariae Virginis. Das langgestreckte klassizistische Gebäude des einstigen Waisenhauses schließt direkt an den hier betrachteten Neubau Hinter Liebfrauen 1 an.

Das fünfgeschossige Wohnhaus entstand im Jahr 2020 an Stelle eines zuvor abgebrochenen „Gründerzeit“-Gebäudes aus dem späten 19. Jahrhundert.

Das auf einer relativ schmalen Parzelle errichtete Haus nimmt die Traufhöhe des rechts anschließenden Wohngebäudes aus der Nachkriegszeit auf. Das mit Ziegeln gedeckte Satteldach ist ebenfalls an der Dachform des Nachbarhauses orientiert. Die Putzfassade (Wärmedamm-Verbundsystem) gliedert sich in ein Erdgeschoss mit zwei Garagentoren und dem links positionierten Hauseingang. Über der Eingangsöffnung erstreckt sich ein vertikales Band mit vier bodentiefen Fenstern. Über den Einfahrten ist der Fassadenbereich durch vier Balkone mit schrägen Vorderkanten optisch zusammengefasst. Jeder Balkon wird durch paarig angeordnete Fenstertüren erschlossen. Mit der Farbgebung der Fassaden-“Rücklage“ in dunkelgrauem Ton und des „Wohnbereich“ mit den Balkonen in Weiß ergibt sich ein lebhafter Kontrast innerhalb der asymmetrisch gegliederten Front. Die Balkonbrüstungen sind verglast. Über der Traufe durchstößt ein ebenfalls weißer Kubus zurückliegend die geneigte Dachfläche, so dass hier eine schmale Dachterrasse ausgebildet ist.

Der entscheidende Kritikpunkt an der Baumaßnahme ist der Abbruch eines Gebäudes des Historismus – auch wenn es sich hier um kein bedeutendes Zeugnis dieser Epoche gehandelt haben mag.

Der Wohnhausneubau bietet mit seinem Farbkontrast und der durch die Balkone erzeugte Plastizität zwar ein lebhaftes Bild, seine Architektur ist jedoch auch aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu einem bedeutenden Baudenkmal kritisch zu bewerten. Das Erdgeschoss ist mit seinen Garageneinfahrten – gerade im Gegensatz zu dem hier ursprünglich befindlichen Ladengeschäft – als abweisend zu bewerten. Der Hauseingang wirkt im Vergleich zur Plastizität der Front geradezu mickrig. Die stark vorkragenden Balkone zeigen sich in einer dichtbebauten Innenstadtlage mit historischem Umfeld (Waisenhaus, Konsumverein, St. Aegidien) als völlig untypisch.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)