Neubau Fallerslebertorbrücke

Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Brücke für Kraftfahrzeug-, Fußgänger- und Straßenbahnverkehr
    • Neubau 2010/11
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • Brücke über den östlichen Umflutgraben im Zuge der Fallersleber- bzw. Humboldtstraße
    • Nachbargebäude: gründerzeitliche Wohnbauten sowie klassizistische Torhäuser von Krahe
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • entfällt
  4. Baukörpergestaltung:

    • konkav geschwungene Widerlager an den Brückenköpfen
    • bauchförmig gesteltete Brückenkonstruktion
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • Gestaltung zitiert Elemente des Vorgängerbaus
  6. Fassadengestaltung:

    • entfällt
  7. Detaillierung:

    • Widerlager und Brückenkonstruktion sind homogen
    • hohe, nach innen geneigte Geländer aus wuchtigen Betonteilen
  8. Materialien und Farbgebung:

    • sauber gearbeiteter Sichtbeton
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • Sichtbeton und Gestaltung der Geländer stehen in unvermitteltem Kontrast zu den seitlichen Böschungsmauern
  10. Abschließende Bewertung: – –

    • Brückenneubau erreicht nicht die Qualität des Vorgängerbaus und kontrastiert stark zur umgebenden Freiraumgestaltung
Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

Im Jahr 2009 wurde die alte Fallerslebertorbrücke abgebrochen, um sie durch einen Neubau zu ersetzen. Ihre Standfestigkeit genügte den Anforderungen des Individual- und Straßenbahnverkehrs nicht mehr. Die historische Brücke gehörte zu den interessantesten Okerbrücken im Innenstadtbereich. Ihre Grundbausubstanz (Widerlager aus Werksteinmauerwerk) ging noch auf ein Brückenbauwerk zurück, das im Zuge der Anlage der Wallpromenaden unter Peter Joseph Krahe 1819 errichtet worden war. 1904 wurde das Tragwerk der Brücke mit so genannten Möller-Trägern (Hängeträger) erneuert. Diese Konstruktion repräsentierte seiner Zeit eine innovative Bautechnik. 1956 erfolgte eine Verbreiterung, wobei die Gestalt der Brücke beeinträchtigt wurde (Beseitigung des Balustradengeländers).

Über einen Architekturwettbewerb wurde 2007 der Entwurf für den Brückenneubau ausgewählt. Schließlich entstand 2009-11 der Neubau. Gleichzeitig erfolgte eine Neugestaltung der ehemaligen Torsituation mit den erhaltenen Torhäusern von Krahe. Im Zuge des Brückenneubaus ist zur Verbindung zwischen dem alten und neuen Teil des Botanischen Gartens ein Uferweg geschaffen worden, der unter der Brücke hindurchführt.

Die neue Fallerslebertorbrücke ist als homogene Betonkonstruktion ausgebildet. Die Brückenwiderlager gehen kontinuierlich in die Tragkonstruktion über. Während die Stützmauern der Widerlager konkav geschwungen sind, ist auch die Tragkonstruktion nach unten hin ausgebaucht. Damit zitiert der Neubau die ebenfalls bauchförmigen Hängeträger des Vorgängerbaus.

Über den schmalen Abschlüssen der Brücken-Stirnseiten sind hohe, nach innen hin geneigte Geländer angebracht, die aus Beton-Fertigteilen hergestellt sind. Die Betonteile sind an schlanken Edelstahlstäben befestigt. Stirnflächen und Geländer schwingen an den Widerlagern nach außen hin aus und geben der Gesamtansicht der Brücke eine starke horizontale Komponente. Die Widerlager stoßen auf seitlich anschließende Stützmauern mit integrierten Treppen, die die Uferwege mit den Gehsteigen verbinden. Diese viertelkreisförmig geführten Stützmauern und die Seitenmauern der Treppenaufgänge sind mit Werksteinplatten verkleidet. An die Geländer schließen historisierend gestaltete, ebenfalls mit Werksteinplatten verkleidete Postamente an. Sie dienen als Unterbau für die historischen Eisenkandelaber, die auf den entsprechenden Eckpostamenten der alten Fallerslebertorbrücke standen. Sie wurden an ihren Spitzen mit modernen Beleuchtungskörpern ausgestattet.

Von den Postamenten ausgehend, schließen neue, nach dem Vorbild der jüngst z.T. beseitigten Einfriedungen mit werksteinverkleideten Sockelmauern und Pfeilern gestaltete Gitter den Straßenraum ab.

Mit dem Brückenneubau sind auch die Fahrbahnbeläge und Straßenbahngleise der Fallersleberstraße und im Bereich der ehemaligen Toranlage östlich der Brücke erneuert worden. Hinzu kamen neue Wartehäuschen für die Straßenbahnhaltestelle. Im Torbereich wurde der Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen bzw. Gleisen mit Kleinpflaster belegt, während die Gehsteige und Radwege mit farblich abgesetzten Betonplatten erneuert wurden.

Der Verlust der alten Fallerslebertorbrücke wiegt schwer. Mit ihr ist eines der letzten Zeugnisse der Brückenbauten Krahes (erhaltene Widerlager) und ein hochwertiges Beispiel für die Ingenieur- und Baukunst der Zeit um 1900 verschwunden. Der Brückenneubau bietet in baukünstlerischer Hinsicht dafür keinen gleichwertigen Ersatz. In der Gesamtansicht zeigt er eine gewisse Eleganz. Dies rührt von den geschwungenen Formen und den kräftigen Horizontallinien des Geländers her. Die im großen und ganzen sauber gearbeiteten Sichtbetonoberflächen der Brückenkonstruktion unterstützen diese Wirkung. Auf den Gehsteigen der Brücke wirken die Geländer jedoch übermäßig hoch und klobig, wobei ihr unangemessen monumentaler Charakter durch die Neigung nach innen für den Fußgänger noch gesteigert wird. Ein weiterer Kritikpunkt ist der unvermittelte Anschluss der modernen Brückenarchitektur an die historisierend gestalteten Ufermauern und Postamente. Die an sich gut gemeinten Zitate der Bausituation vor dem Abbruch der alten Brücke schaffen einerseits eine gewisse Kontinuität, bilden jedoch einen scharfen Kontrast zur Formensprache der Brücke selbst. Es wirkt zudem merkwürdig, wie die Brückengeländer die historisierenden Postamente der Kandelaber geradezu bedrängen. Die mit Werksteinplatten verkleideten Bauteile lassen ihren nicht homogen gefügten Charakter durch ihr Fugenbild deutlich erkennen. Hier wäre ein volles Quadermauerwerk angebracht.

Der Brückenneubau erfüllt zwar alle verkehrstechnischen Anforderungen, gestalterisch überzeugt er jedoch nicht ganz. Mit dem scheinbar unabwendbaren Verlust der historischen Brücke hat Braunschweig wieder ein Stück seiner kultur- und baugeschichtlichen Tiefe verloren. Die Schaffung neuer Uferwege ist durchweg positiv zu bewerten.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)