Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: – –
Im Jahr 2009 wurde die alte Fallerslebertorbrücke abgebrochen, um sie durch einen Neubau zu ersetzen. Ihre Standfestigkeit genügte den Anforderungen des Individual- und Straßenbahnverkehrs nicht mehr. Die historische Brücke gehörte zu den interessantesten Okerbrücken im Innenstadtbereich. Ihre Grundbausubstanz (Widerlager aus Werksteinmauerwerk) ging noch auf ein Brückenbauwerk zurück, das im Zuge der Anlage der Wallpromenaden unter Peter Joseph Krahe 1819 errichtet worden war. 1904 wurde das Tragwerk der Brücke mit so genannten Möller-Trägern (Hängeträger) erneuert. Diese Konstruktion repräsentierte seiner Zeit eine innovative Bautechnik. 1956 erfolgte eine Verbreiterung, wobei die Gestalt der Brücke beeinträchtigt wurde (Beseitigung des Balustradengeländers).
Über einen Architekturwettbewerb wurde 2007 der Entwurf für den Brückenneubau ausgewählt. Schließlich entstand 2009-11 der Neubau. Gleichzeitig erfolgte eine Neugestaltung der ehemaligen Torsituation mit den erhaltenen Torhäusern von Krahe. Im Zuge des Brückenneubaus ist zur Verbindung zwischen dem alten und neuen Teil des Botanischen Gartens ein Uferweg geschaffen worden, der unter der Brücke hindurchführt.
Die neue Fallerslebertorbrücke ist als homogene Betonkonstruktion ausgebildet. Die Brückenwiderlager gehen kontinuierlich in die Tragkonstruktion über. Während die Stützmauern der Widerlager konkav geschwungen sind, ist auch die Tragkonstruktion nach unten hin ausgebaucht. Damit zitiert der Neubau die ebenfalls bauchförmigen Hängeträger des Vorgängerbaus.
Über den schmalen Abschlüssen der Brücken-Stirnseiten sind hohe, nach innen hin geneigte Geländer angebracht, die aus Beton-Fertigteilen hergestellt sind. Die Betonteile sind an schlanken Edelstahlstäben befestigt. Stirnflächen und Geländer schwingen an den Widerlagern nach außen hin aus und geben der Gesamtansicht der Brücke eine starke horizontale Komponente. Die Widerlager stoßen auf seitlich anschließende Stützmauern mit integrierten Treppen, die die Uferwege mit den Gehsteigen verbinden. Diese viertelkreisförmig geführten Stützmauern und die Seitenmauern der Treppenaufgänge sind mit Werksteinplatten verkleidet. An die Geländer schließen historisierend gestaltete, ebenfalls mit Werksteinplatten verkleidete Postamente an. Sie dienen als Unterbau für die historischen Eisenkandelaber, die auf den entsprechenden Eckpostamenten der alten Fallerslebertorbrücke standen. Sie wurden an ihren Spitzen mit modernen Beleuchtungskörpern ausgestattet.
Von den Postamenten ausgehend, schließen neue, nach dem Vorbild der jüngst z.T. beseitigten Einfriedungen mit werksteinverkleideten Sockelmauern und Pfeilern gestaltete Gitter den Straßenraum ab.
Mit dem Brückenneubau sind auch die Fahrbahnbeläge und Straßenbahngleise der Fallersleberstraße und im Bereich der ehemaligen Toranlage östlich der Brücke erneuert worden. Hinzu kamen neue Wartehäuschen für die Straßenbahnhaltestelle. Im Torbereich wurde der Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen bzw. Gleisen mit Kleinpflaster belegt, während die Gehsteige und Radwege mit farblich abgesetzten Betonplatten erneuert wurden.
Der Verlust der alten Fallerslebertorbrücke wiegt schwer. Mit ihr ist eines der letzten Zeugnisse der Brückenbauten Krahes (erhaltene Widerlager) und ein hochwertiges Beispiel für die Ingenieur- und Baukunst der Zeit um 1900 verschwunden. Der Brückenneubau bietet in baukünstlerischer Hinsicht dafür keinen gleichwertigen Ersatz. In der Gesamtansicht zeigt er eine gewisse Eleganz. Dies rührt von den geschwungenen Formen und den kräftigen Horizontallinien des Geländers her. Die im großen und ganzen sauber gearbeiteten Sichtbetonoberflächen der Brückenkonstruktion unterstützen diese Wirkung. Auf den Gehsteigen der Brücke wirken die Geländer jedoch übermäßig hoch und klobig, wobei ihr unangemessen monumentaler Charakter durch die Neigung nach innen für den Fußgänger noch gesteigert wird. Ein weiterer Kritikpunkt ist der unvermittelte Anschluss der modernen Brückenarchitektur an die historisierend gestalteten Ufermauern und Postamente. Die an sich gut gemeinten Zitate der Bausituation vor dem Abbruch der alten Brücke schaffen einerseits eine gewisse Kontinuität, bilden jedoch einen scharfen Kontrast zur Formensprache der Brücke selbst. Es wirkt zudem merkwürdig, wie die Brückengeländer die historisierenden Postamente der Kandelaber geradezu bedrängen. Die mit Werksteinplatten verkleideten Bauteile lassen ihren nicht homogen gefügten Charakter durch ihr Fugenbild deutlich erkennen. Hier wäre ein volles Quadermauerwerk angebracht.
Der Brückenneubau erfüllt zwar alle verkehrstechnischen Anforderungen, gestalterisch überzeugt er jedoch nicht ganz. Mit dem scheinbar unabwendbaren Verlust der historischen Brücke hat Braunschweig wieder ein Stück seiner kultur- und baugeschichtlichen Tiefe verloren. Die Schaffung neuer Uferwege ist durchweg positiv zu bewerten.