Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: – –
In den Jahren 2005 bis 2007 entstanden auf dem Areal des ehemaligen Schlossparks die SchlossArkaden, ein großes innerstädtisches Einkaufszentrum. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Einkaufszentrums wurde auch das ehemalige Residenzschloss mit seinen drei stadträumlich prägenden Fassaden wieder aufgebaut. An der Rückseite ist die Schloss-Rekonstruktion direkt mit den Schloss-Arkaden verbunden, so dass die ostseitigen Fassaden nicht wiederhergestellt werden konnten.
Das spätklassizistische, von Carl Theodor Ottmer entworfene Schloss war nach Kriegsschäden trotz heftiger Proteste auch aus der Fachwelt 1960 abgebrochen worden. Große Kontroversen begleiteten auch die Planung und Realisierung der SchlossRekonstruktion mit dem Einkaufszentrum. Der Baukörper des Schlosses beherbergt ein Museum und Kultureinrichtungen der Stadt (Bibliothek, Archiv, Kulturinstitut), der Zugang durch den Portikus führt jedoch unmittelbar in das Einkaufszentrum.
Das Bauvolumen der Schloss-Arkaden übertrifft diejenigen des Schlosses bei weitem. Der viergeschossige Center-Bau nimmt die Traufhöhe des Schlosses auf und ist an einer zweipolig angelegten Passage organisiert. Im Norden umgreift der Gebäudekomplex einen vor der Schloss-Nordfassade angelegten Platz, an der Südseite ist die Bebauung an der Flucht der Georg-Eckert-Straße ausgerichtet. Im Osten der Schloss-Arkaden befindet sich ein weiterer, im Grundriss dreieckiger Platz (Anna-Amalia-Platz). Das oberste Stockwerk und die Dachflächen dienen als Parkgarage.
Die Fassaden des Einkaufszentrums sind in insgesamt sieben großmaßstäbliche Einheiten unterteilt. Im Bereich der drei Haupteingänge (Platz am Ritterbrunnen, Anna-Amalia-Platz und Georg-EckertStraße) sind die Fronten in zwei hohe, jeweils zwei Geschosse zusammenfassende Stockwerke unterteilt. Als Fassadengliederung dienen übergreifende Pfeiler, die mit schmalen Stegen verbunden sind. Im Erdgeschoss entsteht der Eindruck einer Kolonnade. Die hochrechteckigen Felder zwischen den Pfeilern sind vollflächig verglast bzw. mit Paneelen geschlossen, gewähren jedoch keinen Einblick in das Innere. An den zweigeschossigen Kolonnaden ist eine Verkleidung aus grünlichen Paneelen angebracht. Die Laibungen der tieferen Erdgeschossgliederung zeigen messingfarbene Metallrahmungen.
Weitere, große Fassadenabschnitte am Ritterbrunnen und am Anna-Amalia-Platz sind durch eine vorgelagerte Kolonnade mit schlanken Betonstützen und halbhoher, schwebend erscheinender Verglasung gekennzeichnet. An den Verglasungen zeigen sich leichte Schrägstellungen und Lamellen. Die Fronten zur Straße Am Schlosspark und im Südosten des Komplexes (Georg-Eckert-Straße) sind weitgehend ungegliedert. Sie zeigen Sichtbeton- und Putzflächen und beinhalten die Zufahrten in die Parkgaragen und zur Belieferung des Einkaufszentrums. Hier sind die Öffnungen nach technischen Gesichtspunkten angeordnet und z.T. vergittert. Letztere Fassaden sind zur vollflächigen Begrünung mit Kletterpflanzen vorgesehen.
Mit den Schloss-Arkaden ist ein bisher nicht erreichter, voluminöser Maßstab in das Braunschweiger Stadtbild gelangt. Der einstige Schlosspark ist vollkommen überbaut worden. Dies waren wesentliche und berechtigte Kritikpunkte der Gegner des Großprojekts. Die Anschlüsse des Centerbaus an die in hoher Qualität realisierten Werksteinfronten der Schlossfassaden sind als besonders problematisch zu werten. Mit der grünen Farbgebung bilden die Eingangs-Kolonnaden einen überaus starken Kontrast zu den unmittelbar anschließenden Schlossfassaden. Hinzu kommt die sowohl an den Eingangsfronten als auch an den übrigen Fassaden des Einkaufszentrums angebrachten Firmenwerbungen in unterschiedlichen Farben.
Der risalitartige Eingangsbau an der Georg-EckertStraße fällt mit seiner Schrägstellung, die den torsohaft rekonstruierten Kopfbau des Schloss-Südflügels unschön verdeckt, als besonders eklatanter Missgriff ins Auge. Am Rücksprung des Eingangsbaus bleibt ein Restraum zum Schloss. Hier sind der sauberen Rekonstruktion mit Originalteilen des Ottmerbaus (Säulen und Kapitelle) kahle Betonflächen gegenübergestellt.
Die Möglichkeit, der Schloss-Rekonstruktion eine hochwertige moderne Architektur zur Seite zu stellen, ist leider nicht genutzt worden. Der insgesamt erfreulichen Tatsache einer Aufwertung des Stadtraums am Bohlweg ist durch die austauschbare Investorenarchitektur des Einkaufszentrums erkauft worden. Sicherlich hätte man die komplizierte Bauaufgabe gestalterisch angemessener lösen können, wie dies einige konkurrierende Entwürfe zu diesem Projekt erscheinen lassen.