Schul-Erweiterungsbau Breite Straße 3

Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Schulgebäude
    • Neubau von 2010/11
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • Solitärbebauung an der Westseite der Breiten Straße
    • an der Nordseite: Vorhof zum Schulgelände, gegenüber: Turnhalle mit Renaissanceportal des alten Martineum am Bankplatz
    • Südseite: große Baulücke zwischen Altstadtmarkt und Schulgelände, Parkplätze
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • dreigeschossiger Stahlbetonbau mit Flachdach
  4. Baukörpergestaltung:

    • freistehender Kubus auf quadratischem Grundriss
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • Solitärbebauung kontrastiert mit weitgehend geschlossener Bebauung der Straße
  6. Fassadengestaltung:

    • Putzfassaden mit weitgehend querrechteckigen Fensteröffnungen
    • zweigeschossige, übereck geführte Verglasung des Eingangsbereichs an der Rückseite
    • unregelmäßige Verteilung der Fensteröffnungen
    • geschlossene Erdgeschossfront an der Straßenseite mit unscheinbarer Fluchttür
  7. Detaillierung:

    • Absetzung der Fensteröffnungen durch z.T. asymmetrische Putzrahmen
    • vertikale Teilungen der Wandöffnungen
  8. Materialien und Farbgebung:

    • leicht strukturierte Putzflächen mit hellbeigem Anstrich
    • schwarze Binnenteilungen der Öffnungen
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • Putzfassaden wirken zurückhaltend
    • Fensterformate und -verteilung kontrastieren mit schlichter Nachkriegsbebauung an der Breiten Straße
    • geschlossene Erdgeschossfront zur Straße wirkt abweisend und leblos
  10. Abschließende Bewertung: – – –

    • die Solitärbebauung verhindert eine zukünftige geschlossene Bebauung zwischen Altstadtrathaus und Schulgelände
    • Fassadengestaltung und straßenseitige Erdgeschosszone verstärken den solitären Eindruck
Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

An der Westseite der Breiten Straße entstand 2010/11 ein Erweiterungsbau des Gymnasiums Martino-Katharineum. Er beherbergt Gruppenräume für den Ganztagsunterricht und eine Mediathek. Das seit den 1950er Jahren an dieser Stelle befindliche Hausmeisterhaus wurde vor dem Baubeginn beseitigt. Zwischen dem Neubau und der Schulturnhalle, in deren Stirnfront das Renaissanceportal des alten Martineums am Bankplatz eingefügt ist, entsteht ein Vorhof. Im Süden ist der Bereich zwischen Schulgrundstück und Altstadtrathaus (Autorshof) unbebaut, dort befinden sich Parkplätze. Vor der Zerstörung und den folgenden Abrissen standen hier große, steinerne Patrizierhäuser mit Kemenaten.

Der Erweiterungsbau zeigt sich als dreigeschossiger, freistehender Kubus mit Flachdach. Er besitzt leicht strukturiert verputzte Fassaden mit hellbeigem Anstrich. Sein Eingang befindet sich an der Nordwestecke auf dem Schulgelände. Das zweigeschossige Foyer ist durch eine entsprechend hohe und übereck angelegte Verglasung gekennzeichnet. Neben der Eingangssituation ist an der rückseitigen Westfassade ein breiter Austritt des dortigen „Forums“ vorhanden. An der Straßenseite ist eine unauffällig in die Putzfassade eingefügte Fluchttür (Treppenhaus) eingefügt.

Über die Fassaden sind unregelmäßig querrechteckige Fensteröffnugen unterschiedlicher Breite verteilt. Sie sind mit teilweise asymmetrisch gestalteten, weißen Putzrahmen von den Wandoberflächen abgesetzt. Eine der Rahmungen im 2. Obergeschoss erstreckt sich übereck. Die Verglasungen des Foyers und der Fenster zeigen schwarze Pfosten und Riegel.

Der flachgedeckte Solitärbau der Schulerweiterung erweist sich im Kontext der Breiten Straße und in unmittelbarer Nähe zum Altstadtmarkt als Fremdkörper. Die Breite Straße ist nach 1945 weitgehend auf ursprünglichen Parzellen mit schlichten Putzbauten aufgebaut worden, deren geneigte Dächer mit Ziegeln gedeckt sind. An der östlichen Straßenflucht zeigt die geschlossene Bebauung noch das lebhafte Spiel leicht unterschiedlicher Baufluchten.

Der freistehende Kubus verhindert mit seiner Befensterung sämtlicher Fassaden die Herstellung einer städtebaulich wünschenswerten, geschlossenen Bauflucht zwischen Altstadtrathaus und Schulkomplex. Damit ist die bisherige Perforierung des Stadtraums an einem sensiblen Ort wie dem Umfeld des Altstadtmarktes vorerst festgeschrieben.

Trotz der Wahl von Putzfassaden und einer dezenten Farbgebung fällt die Fassadengestaltung des Schulbaus mit ihrer willkürlich erscheinenden Befensterung aus dem Rahmen. Fensterformate und -verteilung korrespondieren nicht mit der umgebenden Bebauung. Eine Gliederung der Fronten ist im Übrigen nicht vorhanden. Schwerwiegend ist die straßenseitige Erdgeschosszone, die in ihrer Geschlossenheit leblos und geradezu abweisend gestaltet ist.

Leider ist es nicht gelungen, die notwendige bauliche Erweiterung der ehrwürdigen Lehranstalt des Martino-Katharineum für eine Arrondierung der von einer großen Baulücke geprägten Westseite der Breiten Straße zu nutzen. Stattdessen entstand ein Gebäude ohne Bezug zum Straßenraum und zur umgebenden Bebauung.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)