Nutzung, Bauzeit:
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:
Geschossigkeit und Dachform:
Baukörpergestaltung:
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:
Fassadengestaltung:
Detaillierung:
Materialien und Farbgebung:
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:
Abschließende Bewertung: +
Der Nordabschnitt der Wendenstraße war an seiner Westseite bis vor wenigen Jahren von Baulücken gekennzeichnet. Nördlich des Eckhauses zur Kaiserstraße bilden zwei Wohngebäude (Wendenstraße 27-29) eine Bauflucht, die in nordwestliche Richtung weist. Diese Bauflucht widerspricht dem gekurvten Verlauf der Wendenstraße und geht auf die ehemaligen Planungen für einen Straßendurchstich von der Hamburger Straße/Lampestraße entlang des Gaußbergs bis zur Wendenstraße zurück (1987). Ein solch zerstörerischer Eingriff in den Wallring ist seinerzeit erfreulicherweise nicht erfolgt.
Mit dem Neubau der Jugendherberge wurde gleichzeitig eine Lösung angestrebt, um auch die städtebauliche Situation in diesem Quartier zu verbessern. Grundlage für den Bebauungsplan war ein 2009 ausgelobter Architekturwettbewerb. Der Bau der Herberge erfolgte in den Jahren 2013 bis 2015.
Es handelt sich um eine zweiteilige Bebauung, die einen neuen Fußgängerweg (Neuer Geiershagen) von der Wendenstraße zum Inselwall einfasst. In der Blickachse des Weges liegt im Süden der Westbau der Katharinenkirche. Die Flucht der Häuser Wendenstraße 27-29 ist maßgebend für den Fußgängerweg, der den Baukomplex der Jugendherberge teilt. Der Hauptbaukörper nimmt die Fluchten der Wendenstraße und des Neuen Geiershagen auf. Nach Süden schließt das Gebäude spitzwinklig ab. An der Westseite des Fußweges befindet sich ein niedrigerer Gebäudeteil. Beide Bauteile werden durch einen Übergang über den neu angelegten Weg miteinander verknüpft.
Der Hauptbau der Jugendherberge markiert die scharfkantige Ecksituation zwischen Wendenstraße und Fußgängerweg. Daher bildet das auf entsprechend dreieckigem Grundriss errichtete Gebäude nach Süden hin eine markante Spitze. Der fünfgeschossige Bau zeigt ein Flachdach und schließt an den Brandgiebel des benachbarten Hauses Wendenstraße 35 an. In den Erdgeschossfassaden sind im Südteil V-förmige Stützen angeordnet, über ihnen erheben sich die oberen Stockwerke. Über der Eingangssituation in das großzügig verglaste Foyer kragen die Obergeschosse mit ihrer Spitze weit aus. Erdgeschoss und obere Stockwerke sind von durchgehend gleichen Geschosshöhen gekennzeichnet. In den „Normalgeschossen“ zeigt sich eine versetzt angeordnete Befensterung. Das Motiv der wandhohen Verglasung der Südspitze ist an der Westfassade mit einem über dreieckigem Grundriss angelegten Erker noch einmal aufgenommen. Gleichzeitig ist an der Südflanke des Erkers eine eingezogene Loggia ausgebildet.
Entlang des Fußweges erstreckt sich das Erdgeschoss im hinteren Bereich als Flachbau weiter. Hier führt im 1. Obergeschoss ein verglaster Übergang in den rückwärtigen Gebäudeteil auf der Westseite des Neuen Geisershagen. Dieser ist lediglich zweigeschossig und schließt den Baukomplex nach Norden hin ab. Er beinhaltet den Speisesaal und weitere Gemeinschaftsräume, daher öffnet sich das Erdgeschoss mit weitgehend verglasten Fronten zu den öffentlich einsehbaren Bereichen. Erd- und Obergeschoss zeigen zum Weg hin unterschiedliche Fluchten. Vor der Nordfassade befindet sich eine Rasenfläche.
Die Fassaden beider Bauteile sind mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen, verputzt und dunkelgrau gestrichen. An den hochrechteckigen Fensteröffnungen der Herbergszimmer sind einseitige Farbstreifen in verschiedenen Grüntönen angebracht. Entsprechende Farbgestaltungen zeigen die Laibungen der Schrägstützen im Erdgeschoss. An den Loggien und begehbaren Dachflächen befinden sich Metallgeländer mit eng gereihten Vertikalstäben. Über dem Flachdach des nördlichen Gebäudeteils treten Bestandteile der Hausinstallation (Lüftungselemente) aus Edelstahl in Erscheinung.
Die Bebauung der bisherigen Brachflächen an diesem vielfrequentierten Ort der Innenstadt ist städtebaulich gut gelöst. Dies gilt ebenso für die Platzierung einer Jugendherberge an dieser Stelle. Das Grundstück liegt zentral, ist gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden und befindet sich zudem in der Nähe der TU. Die städtebauliche Problematik ist mit der Aufteilung in zwei Gebäudeteile in durchaus positiver Hinsicht gelöst. Auch der neue Fußgängerweg erscheint plausibel. Er bietet zudem die Möglichkeit, einen wichtigen Ort der historischen Stadttopographie zu erschließen und aufzuwerten: den Zusammenfluss der drei inneren Okergräben am Nordrand der Innenstadt.
Die Baukubatur des Hauptteils der Jugendherberge erscheint für den Ort sinnvoll, er zeigt mit seiner Spitze eine hier durchaus vertretbare Signifikanz. Die Erdgeschosshöhe wirkt im im Kontext der Gesamthöhe des Gebäudes allerdings als zu niedrig – die Proportionen wirken nicht ganz stimmig. Das Fehlen eines ausgeprägten Dachgeschosses erscheint zudem in einer von Gebäuden mit Satteldächern bestimmten Umgebung unvorteilhaft. Die Schrägstellung der Stützen erzeugt einen dynamischen Eindruck, der jedoch durch die niedrige Erdgeschosshöhe und die Mächtigkeit der ebenfalls mit Wärmedämmung versehenen V-Stützen stark eingeschränkt wird. Ein weiterer, allerdings ohne größeren Aufwand zu behebender Kritikpunkt ist die dunkelgraue, als eintönig erscheinende Farbgebung. Ihre Auflockerung durch grüne Farbstreifen seitlich der Fenster kann, wie die Farbgebung insgesamt, als zeitgenössisch-modische Erscheinung angesehen werden. Am rückwärtigen Gebäudeteil, dessen gelagerte Proportionen auf den Grünraum abgestimmt sind, treten die metallischen Dachaufbauten der Haustechnik störend in Erscheinung.