Nutzung, Bauzeit
Städtebauliche Situation, Nachbargebäude
Geschossigkeit und Dachform
Baukörpergestaltung
Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung
Fassadengestaltung
Detaillierung
Materialien und Farbgebung
Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung
Abschließende Bewertung: + + +
Der Altstadtmarkt ist ein historischer und städtebaulicher Schwerpunkt des alten Braunschweig. Hier wurde nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges ein ganzheitlich wirkendes Ensemble geschaffen, das den mittelalterlichen Bauten den Vortritt lässt. An der wichtigen Ecksituation zur Poststraße existierte bis in die 1980er Jahre jedoch eine Baulücke, die lediglich mit einer eingeschossigen Interimsbebauung besetzt war.
An dieser Stelle entstand 1984 ein neues Wohnund Geschäftshaus. Das viergeschossige Gebäude schließt die einstige Lücke und besitzt ein Walmdach. Mit seiner eindeutigen Teilung in Erdgeschoss, Obergeschosse und Dachzone nimmt es die überlieferte Struktur eines innerstädtischen Hauses auf. Das Erdgeschoss ist als Ladenbereich mit großflächigen Schaufenstern gestaltet. Als tragende und gliedernde Elemente sind massive Wandpfeiler und Rundstützen aus Beton in die Schaufensterzone integriert. Sie tragen Betonstürze und verdeutlichen so die Lastabtragung der Fassaden im Erdgeschoss. Eingelegte Farbschichten beleben die Pfeiler und markieren eine „Kapitellzone“.
Die Fassaden der drei Obergeschosse sind verputzt und zeigen überwiegend hochrechteckige Fensteröffnungen. Beide Fronten sind trotz einheitlicher Wirkung differenziert gestaltet. An der westlichen Platzfassade erzeugt ein Spiel mit den Baufluchten entsprechend abknickende Fassadenscheiben. Diese kragen jeweils über den darunter liegenden Stockwerken vor und evozieren eine Erinnerung an historische Fachwerkarchitektur, zumal der Fenstersturz über dem Erdgeschoss an der Auskragung wie ein Balkenkopf gestaltet ist.
An der Südfassade (Poststraße) sind das 1. und 2. Obergeschoss in einer seitlich von vertikalen Fensterelementen flankierten Fassadenscheibe zusammengefasst. Die senkrechten Elemente münden im 3. Obergeschoss in einem horizontalen Fensterband. Es zieht über die Ecke hinweg und bekrönt somit auch den abgeschrägten Fassadenteil der Westfassade. Unter dem Fensterband schließen die Fensterbänder mit Gesimsen ab. An der Südfassade sind die Fenster im 2. Obergeschoss im Prinzip quadratisch und zeigen gestufte Überdeckungen. Ein quadratisches Fenster befindet sich im gleichen Stockwerk auch in der auskragenden Fassadenscheibe der Westfassade. Die Fenster sind aus Holz gefertigt und zeigen verschiedenartige Teilungen.
Das mit roten Krempziegeln gedeckte Walmdach nimmt die Dachneigung des benachbarten Hauses Altstadtmarkt 13 auf. Über dem horizontalen Fensterband setzt sich das Dach mit größerem Überstand und entsprechendem Schattenwurf von den Fassaden ab. In den Mittelachsen beider Fassaden sind die Dachflächen von Aufbauten belebt. Der platzseitige Dachaufbau ist entsprechend der auskragenden Fassadenscheibe geknickt und zeigt einen dreieckigen Querschnitt, während sein südseitiges Pen- dant segmentförmig ausgebildet ist. Die beiden Frontons sind vollständig verglast und in der Mitte durch Rundstäbe zentriert. Unterhalb der Dachaufbauten bestehen rechteckige Einschnitte in die Putzfassaden, die in die waagrechten Fensterbänder integriert sind. Der südseitige Einschnitt ist als Loggia ausgebildet.
Das Eckhaus Poststraße 9 ist ein gutes Beispiel für die geschickte Einbindung eines Neubaus in eine sensible städtebauliche Situation. Dies gilt sowohl für die Baukörper- und Fassadengestaltung, für Detaillierung, Materialwahl sowie Farbgebung. Dachform und Dachdeckung entsprechen der überlieferten Bautradition im alten Braunschweig. Damit korrespondiert die Einbindung von Dachaufbauten, wie sie ganz typisch für die historischen Bürgerhäuser der Stadt sind. Die abknickenden und auskragenden Fassadenelemente an der Westfassade sind ein weiteres Element, welches das Haus mit der älteren Bautradition verbindet.
Poststraße 9 lässt seine Entstehungszeit in den 1980er Jahren durchaus erkennen. Die für die Bauzeit typischen, postmodernen Gestaltungselemente wie die gestreiften Stützen sind jedoch dezent-zurückhaltend. Insgesamt wirkt das Haus als moderne Abrundung des Altstadtmarktes mit zeitlosem Bezug zur baulichen Vergangenheit Braunschweigs.