Wohn- und Geschäftshaus Ruhfäutchenplatz 4

Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

  1. Nutzung, Bauzeit

    • Wohn- und Geschäftshaus
    • Neubau aus dem Jahr 1995
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude

    • geschlossene Bebauung an der Nordwestseite des Ruhfäutchenplatzes
    • Nachbargebäude: viergeschossige Putzbauten mit geneigten Dächern
  3. Geschossigkeit und Dachform

    • viergeschossiges, traufständiges Stadthaus mit Satteldach
  4. Baukörpergestaltung

    • Baukörper mit Satteldach und Dachaufbauten (Zwerchhaus und Spitzgauben)
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung

    • bruchlose Einbindung in die ähnlich strukturierte Nachbarbebauung
  6. Fassadengestaltung

    • symmetrische Fassade mit Zentrierung der Mittelachse durch Eingangssituation, Befensterung und Dachaufbauten
    • Schaufenster- und Eingangszone im Erdgeschoss durch Pfeiler gegliedert
  7. Detaillierung

    • unterschiedliche Fensterformate unterstreichen Symmetrieachse
    • Eingang und Zwerchhausfenster mit Stichbogen
    • Schaufenster und Eingänge mit vertikal gegliederter Verglasung
    • Zwerchgiebel mit kleinen Obelisken als postmodern erscheinende Zutat
  8. Materialien und Farbgebung

    • rötlich-cremefarben gestrichene Putzfassade mit Holzfenstern
    • Erdgeschosspfeiler mit roten Sandsteinplatten verkleidet
    • Gliederung der Schaufenster- und Eingangszone mit grünen Pfosten und Riegeln aus Metall
    • Ziegeldach
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung

    • Putzfassade und Fensterformate entsprechen dem Duktus der benachbarten Gebäude
    • Fassade zitiert Gestaltung barocker und klassizistischer Bürgerhäuser
  10. Abschließende Bewertung: + +

    • selbstverständlich erscheinende Schließung einer Baulücke mit einem klassischen Stadthaus
    • Bezugnahme auf die Braunschweiger Bautradition mit postmodernen Motiven
Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

Der Ruhfäutchenplatz liegt in der Mitte des Braunschweiger Stadtzentrums und grenzt unmittelbar an den Burgplatz. Er ist Teil einer Folge von abwechslungsreichen Platzräumen. Seine Umbauung wird von der Rückseite der Burg und großen Verwaltungsbauten (u.a. Rathaus) aus der Epoche des Historismus geprägt. An der Nordwestseite befindet sich, am Übergang zur Casparistraße, eine Reihe von Wohnund Geschäftshäusern.

Das Wohn- und Geschäftshaus Ruhfäutchenplatz 4 ist 1994 neu errichtet worden und ersetzt eine bis dahin dort vorhandene, eingeschossige Lückenbebauung. Mit dem Neubau wurde die Platzfront geschlossen. An beiden Seiten des Hauses befinden sich Wohn- und Geschäftshäuser mit Putzfassaden und geneigten Dächern.

Der viergeschossige Neubau der 1990er Jahre ist traufständig und schließt mit einem Satteldach ab. Er besitzt eine Putzfassade mit hell-rötlichem Anstrich. Das Erdgeschoss zeigt Pfeiler mit Sandsteinverkleidungen. Die Pfeiler gliedern die Erdgeschossfront in eine mittlere Eingangssituation und flankierende Schaufenster. Eine Symmetrie bestimmt den Eindruck der gesamten Platzfront. Die Fassadengestaltung ist auf die Mitte zentriert, die über die Breite des Hauseingangs über Putzkanten leicht zurückspringt. Über der Dachtraufe ist der mittlere Fassadenabschnitt mit einem Dachaufbau (Zwerchhaus) betont. Das mit einem Dreiecksgiebel abschließende Zwerchhaus wird von zwei Spitzgauben flankiert. Über seinen Ecken sind am Dachansatz zwei kleine, obeliskartige Aufsätze angebracht. Der Hauseingang zeigt einen bogenförmigen Sturz, ein solcher Segmentbogen ist auch am Zwerchhausfenster sichtbar.

In den Obergeschossen der risalitartig gestalteten Mittelachse befinden sich eng gereihte, schmale Fensteröffnungen, die sich zu querrechteckigen Fenstern zusammenziehen. Seitlich der Mittelachse befinden sich in jedem Stockwerk jeweils drei hochrechteckige Fenster. Diese Fenster zeigen knappe, hell abgesetzte Faschen. Fensterrahmen und -flügel sind aus Holz, weiß gestrichen und besitzen eine Teilung, die zweiflüglige Fenster vortäuscht. Die vertikalen Schaufensterteilungen und Eingangstüren bestehen aus Pfosten und Riegeln aus Metall in grünlicher Farbgebung.

Das Haus Ruhfäutchenplatz 4 reiht sich bruchlos in die vorhandene Häuserfront ein. Seine Gliederung in Erdgeschosszone, Obergeschosse und das ge- neigte Dach entspricht der überlieferten Erscheinung eines Stadthauses. Einen direkten Bezug zu den historischen Wohngebäuden Braunschweigs ist mit der Symmetrie und der entsprechenden Platzierung von Dachaufbauten hergestellt. Hier wird der Duktus barocker oder klassizistischer Bürgerhäuser zitiert, ohne sie im Detail zu kopieren. Elemente wie Bogenöffnungen und die kleinen Obelisken über dem Zwerchaus erscheinen historisierend. Sie tragen einerseits zur Verankerung der Architektur des Hauses in der Baugeschichte bei, können je nach Standpunkt auch als geschmäcklerisch und verspätet-postmodern angesehen werden.

Insgesamt ist das Haus ein positiver Beitrag zum Thema des Bauens in historischem Umfeld. Es verbindet die benachbarten Gebäude und schafft mit ihnen eine schlichte Platzfront, die die Dominanz der historischen und öffentlichen Bauten nicht beeinträchtigt.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)